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Ostpreußen im Wandel der Zeiten

Ich begrüße Sie herzlich zu unserem heutigen Gang durch Ostpreußen im Wandel der Zeiten.

Als Vorsitzender der Landsmannschaft Ostpreußen in Nordrhein-Westfalen darf ich heute gewissermaßen vorangehen, und die Denkmäler, die uns auf unserem Weg durch die ostpreußischen Zeiten begegnen werden, ein wenig erläutern.

Wir werden dabei leider nur an den großen Gedenksteinen verweilen dürfen. Ausgehend vom Land der Prussen gäbe es auf einer Wanderung durch mehr als 750 Jahre deutsche Geschichte Ostpreußens so viel zu bemerken, dass ein paar Seiten für ausführliche Betrachtungen nicht reichen. Dieser Kurzabriss soll das Interesse wecken, sich genauer mit unserer Heimat zu beschäftigen.

Die durch schriftliche Zeugnisse belegte Geschichte Ostpreußens beginnt mit den Prussen, einem baltischen Volksstamm, der dem Land an der Ostsee zwischen der Weichsel und der Memel seinen Namen gegeben hat. Ein Land, das wir Ostpreußen in unserem Ostpreußenlied verklärt und innig liebend mit der ersten Strophe wie folgt besingen:

Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen
über weite Felder lichte Wunder geh’n.

I. Die Zeit der Prussen

Den Grundstock zur Landesentwicklung legten die Prussen. Sie besiedelten das Land als freie Bauern, pflegten Ackerbau und Viehzucht und liebten vor allem das Pferd. Städte kannten sie nicht; sie lebten - in Stammesgebiete gegliedert - in dörflichen Gemeinschaften oder auf Einzelhöfen; sie legten Handelsplätze an und erfreuten sich eines gewissen Wohlstandes, den ihnen Bernstein und Pelztiere bescherten. Ein Oberhaupt über alle prussischen Stammesgebiete gab es nicht. Kulturell betrachtet bestimmt im Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen - aufgrund der heftigen Gegenwehr der Prussen gegen eine Christianisierung - bis ins hohe Mittelalter (13. Jahrhundert) die prussische Naturreligion das Gemeinschaftsleben, d. h., eine Hierarchie von Göttern versinnbildlichen die Natur:

  •  Gott des Donners und Blitzes: Perkunos

  •  Gott des Himmelslichtes: Swaigstix

  •  Göttin der Fruchtbarkeit: Hulda oder Holla

  •  Erntegott: Pikollos

Im ostpreußischen Brauchtum lebten Teile dieses Naturglaubens bis in unsere Tage fort. So zog in der Weihnachtszeit ein abendlicher Schimmelreiterumzug, der in einigen ländlichen Gebieten gepflegt wurde, Frau Holla, die Frau von Perkunos, dem obersten prussischen Gott, mit. Prussisches wirkt auch fort in Personennamen sowie in Orts- und Landschaftsbezeich-nungen. Drei Übersetzungen von Luthers Kleinem Katechismus ins pruzzische - genannt oft auch altpreußisch - aus dem Jahre 1545 bis 1561 sind literarische Denkmäler der prussischen Sprache.

Als Haupttugenden der Prussen preisen die älteren Geschichtsquellen ihre Freiheitsliebe, ihre Friedensliebe, ihre Gastfreundschaft und ihre tiefe Religiosität.

Doch unter dem Druck zunehmender Einfälle in das Land seit dem 9. Jahrhundert- zunächst die Wikinger, dann dänische Küstenfahrer, später vom Osten her Russen und aus dem Westen ab 1000 n. Chr. Polens Versuche, sich das Prussenland zu eigen zu machen, d. h. durch diese

äußere Bedrängung entwickelte das Bauernvolk in zunehmendem Maße kriegerische Eigenschaften und richtete sich mit zahlreichen Holzburgen auf Verteidigung ein.

So trifft die zweite Strophe unseres Ostpreußenliedes, das von starken Bauern singt, schon seit der Prussenzeit zu, nämlich

Starke Bauern schreiten hinter Pferd und Pflug
über Ackerbreiten streicht der Vogelzug.

Unser Gang im Wandel der Zeiten führt uns nun in einen Zeitabschnitt, in dem das Land der Prussen grundsätzlich umgewandelt worden ist. Ich meine die Ordenszeit, die das Gesicht Ostpreußens wesentlich und nachhaltig prägte. Wir werden hier deshalb auch etwas länger verweilen.

II. Die Ordenszeit

Es ist weitgehend bekannt, dass erste Christianisierungsversuche der Prussen durch Adalbert von Prag und einige Jahre später durch Bruno von Querfurt, beide um die Jahrtausendwende mit dem Märtyrertod der beiden Missionare endete. Wohl angesichts dessen unternahm man erst zweihundert Jahre später erneut Missionierungsversuche, um - wie es hieß - die höchst unbändige heidnische Nation zum Christentum zu bekehren. Dem in dieser Zeit wirkenden Papst Innozenz III. war die Bekehrung der Heiden im Osten ein Herzensanliegen. 1210 übertrug er dem Bischof von Gnesen die bischöflichen Pflichten des prussischen Missionsgebietes; fünf Jahre später, 1215, wurde der Zisterziensermönch Christian zum ersten Bischof von Preußen berufen, das bedeutete, ihm wurde das Land der Prussen als Bekehrungsbereich unterstellt.

Jedoch erst als der Deutsche Orden unter seinem Hochmeister Herrmann von Salza in der Missionierung des Prussenlandes eine Möglichkeit sah, gerecht zu werden dem Grundsatz des Ordens, der da lautete:

„die Ehre der Kirche und des Kaiserreiches zu lieben
und nach beider Erhöhung zu streben“

kam es letztendlich zur Christianisierung der heidnischen Prussen; allerdings erst dann, als der Deutsche Orden sie unterworfen hatte.

Bischof Christian - also der 1215 berufene Bischof von Preußen - protestierte dagegen; da es sich bei den Prussen um ein Volk handele, das Christus noch nicht kannte und ihm somit auch nicht huldigen könnte. Die Kreuzzugsidee des Ordens sei deshalb fehl am Platze. Sein Protest verhallte jedoch ungehört.

In der Tat handelte es sich nicht um einen Kreuzzug im eigentlichen Sinne.

Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Herrmann von Salza, verband bei seinem Prussenvorhaben von vornherein den Missionierungsgedanken mit dem Staatsgründungsgedanken; die Ausbreitung des Gottesreiches sollte durch Kolonisierung des Neulandes im Osten auch dessen Inbesitznahme einschließen. Dementsprechend wurden die Prussen vom Orden nicht nur deshalb unterworfen, weil sie Heiden waren; es sollte vor allem Lebensraum für die bereits

mitgekommenen und ständig nachrückenden Siedler geschaffen werden. Der Orden hieß diese - als die zuverlässigeren Vasallen - aus dem christlichen Westen gen Ostland reiten, um ihnen die versprochene bessere Stätte zu geben.

In dem Überschreiten der Weichsel durch den Deutschen Orden im Jahre 1231 sieht man den Beginn der Ordenszeit Ostpreußens. Sie währte fast 300 Jahre und endete 1525 mit der Umwandlung des Deutschordensstaates in ein erbliches evangelisches Herzogtum Preußen, wobei das Ermland als katholisches Fürstbistum fortbestand.

Politisch gesehen entstand nach 53-jährigem harten Ringen mit den Prussen aus dem in einzelne Stammesgebiete gegliederten Land ein für die damalige Zeit vorbildlich organisiertes und als einmalig anzusehender Staat. Freies Bauernland wurde zu einem Ordensstaat, in dem der Orden umsichtig herrschte und die Geschicke leitete.

Rechtlich betrachtet wurden aus der prussischen Stammbevölkerung unfreie Untertanen, für die das preußische Recht galt. Die Einzöglinge, so nannte man die hinzuziehenden Siedler, wurden mit kulmischem Recht ausgestattet; das bedeutete eine rechtliche Besserstellung gegenüber den alteingesessenen Prussen. Aus dem ursprünglich freien bäuerlichen Gemeinwesen war somit ein Staat geworden, dessen Angehörige mit unterschiedlichen Rechten ausgestattet waren.

Landeskundlich bzw. kulturell gesehen wurde aus dem Bauernland und der unbesiedelten

Wildnis ein geschlossener Siedlungsraum. Neben den prussischen Siedlungen entstanden neue Dörfer und nun auch Städte, jeweils mit Siedlern vornehmlich aus deutschen Landen. Bis zum Jahre 1400 wurden im Ordensstaat 1400 Dörfer und 97 Städte gegründet. Damit wurde das Gesicht Ostpreußens entscheidend und dauerhaft geprägt. Diese Neugründungen sind eine der besonderen kulturellen Leistungen während der Ordenszeit.

Als bedeutende Denkmäler aus dieser Zeit seien beispielhaft die Ordensburgen genannt, allen voran die mächtige Marienburg. Sie stehen für eine Periode der Hoch-Zeit der Backsteingotik im Land an der Ostsee zwischen Weichsel und Memel.

Auch wirtschaftlich entwickelte sich das Land der dunklen Wälder und kristall’nen Seen. Mit den Siedlern kamen nicht nur Bauern sondern auch Handwerker. Es entstanden Handelsstädte, wobei die Hansestädte Elbing, Königsberg und Braunsberg als bedeutendste dieser Zeit zu nennen sind. Königsberg spielte dabei damals schon eine besondere Rolle als Behörden-, Bildungs- und Industriestadt.

Durch den Zuzug der Siedler aus allen Teilen des deutschen Reiches erhielt in der Ordenszeit Ostpreußen sein deutsches Gesicht. Weltanschaulich hat der deutsche Orden eine heidnisch-prussische Kulturlandschaft in eine christliche Kulturlandschaft deutscher Nation verwandelt.

Aber noch während der späteren Ordenszeit setzte eine schleichende Umwandlung des Ordensstaates hin zu einem Territorial-Fürstentum ein. Innerer Grund hierfür dürfte gewesen sein, dass in den Folgen der Generationen der ins Land gezogenen Siedler nach und nach Kräfte erwuchsen, die nach einem Mitregieren im Ordensstaat strebten. Die im Ordensland seit vielen Generationen nun nach Zuzug lebenden Bauern, Handwerker, Landherren und Kaufleute fühlten sich als die Eingesessenen - als die Preußen - wohingegen sie die Ordensleute als Landfreunde ansahen. Denn diese waren in aller Regel nicht im Lande geboren und aufgewachsen, da der Orden seinen Nachwuchs aus dem Reiche holen musste. Demgemäß waren die Ordensritter von dem sich bildenden preußischen Stammesbewusstsein ausgeschlossen. Ihr Selbstverständnis als geistliche Bruderschaft schloss es zudem auch aus, die Stände des Landes an der Regierung zu beteiligen.

So erklärt sich, dass sich im 15. Jahrhundert die Adligen und viele Bürger in den Städten immer stärker gegen die Herrschaft des Ordens auflehnten. Schließlich kam es im Jahre 1440 in Marienwerder zu einem Zusammenschluss dieser Kräfte: Es kam zu einem „Bund vor Gewalt“, dem sogenannten Preußischen Bund. Da sich Papst und Kaiser gegen den Bund mit Reichsacht, Bann und Interdikt aussprachen, trug der Bund 14 Jahre nach seiner Gründung im Jahre 1454 dem polnischen König die Schutzherrschaft an und versagte dem Hochmeister des Ordens den Gehorsam.

So wird der Orden innerlich durch die Spannungen mit den preußischen Ständen geschwächt und gerät von außen durch die kriegerischen Auseinandersetzungen mit Polen und Litauen in

Bedrängnis, verliert im ersten Thorner Frieden (1411) an Boden und muss schließlich mit dem zweiten Thorner Frieden 1466 dem polnischen König den Treueeid leisten.

Äußerlich abhängig und im Innern des Staates in Konflikt mit den Ständen - entwickelt sich der Ordensstaat beschleunigt weiterhin zu einem Territorialfürstentum. Es kommt um 1500 unter dem Hochmeister Friedrich zu einer Verwaltungsreform, und preußische Adlige werden zu Landräten berufen mit der Folge, dass die weltlichen Räte die Ordensbeamten immer weiter in den Hintergrund drängen. Hochmeister Friedrich selbst sammelt um sich einen Kreis humanistischer Gelehrter.

Der Ordensstaat wird schließlich im Jahre 1525 von Hochmeister Albrecht von Brandenburg auf Empfehlung des Reformators Dr. Martin Luther offiziell in ein weltliches, evangelisches Erbherzogtum umgewandelt.

III. Das Herzogtum Preußen

Ostpreußen ist jetzt einerseits ein weltliches Herzogtum und andererseits im Ermland ein katholisches Fürstbistum. Beide Teile stehen in Lehensabhängigkeit bzw. unter Schirmherrschaft des polnischen Königs. Die preußischen Gebiete mit Elbing, Marienwerder, Marienburg waren - wie erwähnt - dem polnischen König bereits in den Thorner Friedensschlüssen der Oberhoheit des polnischen Königs unterstellt worden.

Angesichts der Machtverhältnisse sowie der inneren und äußeren Schwäche des Ordensstaates hatte Albrecht von Brandenburg die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum als Ausweg gesehen. Er verstieß dabei jedoch gegen die goldene Bulle von Rimini und die päpstliche Bulle von Rieti aus den Jahren 1226 bzw. 1234, worin Kaiser bzw. Papst das Prussenland dem Orden zum ewigen Besitz gegeben hatten. Mit der Umwandlung in ein weltliches Fürstentum sicherte Herzog Albrecht dem Land zwischen Weichsel und Memel den Frieden und sich die Herrschaft. Er erkaufte dies allerdings dadurch, dass er sich in die Lehensabhängigkeit des polnischen Königs begab.

Dieser Rechtsbruch wurde von Kaiser und Papst und dem sich mit seiner Residenz nach Mergentheim zurückgezogenen Orden als Krakauer Kuhhandel von 1525 nicht hingenommen. Kaiser Karl V. sprach 1532 auf dem Reichstag zu Speyer die Reichsacht über Herzog Albrecht von Preußen aus. Für das Land zwischen Weichsel und Memel blieb durch diesen Kuhhandel der Frieden tatsächlich über viele Jahrzehnte im wesentlichen erhalten.

Zu Beginn dieses Zeitabschnittes geht ein überragender geistiger Impuls aus Ostpreußen in die Welt. Ich meine das Wirken von Nikolaus Kopernikus in Frauenburg in den Jahren 1524 bis zu seinem Tod 1543. Mit seinem Hauptwerk hat er unser heutiges Weltbild mit der Sonne als Mittelpunkt unseres Planetensystsems entscheidend gestaltet, dadurch das europäische Denken und damit das der ganzen Welt wesentlich beeinflußt.

Das neue Herzogtum Preußen legt den Grund für ein beachtliches natur- und geisteswissenschaftliches Aufblühen Ostpreußens. Zentrum dieser geistigen Entwicklung auf dem Boden der Aufklärung ist Königsberg. Es beginnt damit, dass Herzog Albrecht von Brandenburg eine Kammerbibliothek zum eigenen Gebrauch und 1540 die öffentliche Schloßbibliothek einrichtet, 1542 das Partikular gründet und darauf aufbauend zwei Jahre später 1544 die Albertina, d. h. die Königsberger Universität ins Leben ruft. Sie wird bald eine der führenden protestantischen Universitäten.

Politisch gesehen festigt sich im neuen Herzogtum Preußen die Macht der Stände. Wie gesagt, haben sie bereits in der Ordenszeit nach Mitregieren gerufen und Mitregierung erreicht. Im neuen Herzogtum verstärkt sich dieser Drang: Das Herzogtum wird zu einer Adelsrepublik, d. h. das Herzogtum wird von einem allmächtigen Kollegium der Oberräte regiert; der Herzog von Preußen hat vergleichsweise wenig zu sagen.

Mit dem Tode des letzten Herzogs von Preußen zu Beginn des 30-jährigen Krieges fällt das Herzogtum Preußen als polnisches Lehen an Brandenburg. Wir haben nun bei unserem Gang durch die Zeiten Ostpreußens den Punkt erreicht, bei dem sich die Geschichte Preußens mit der Brandenburgs verbindet.

Von den Wirren des 30-jährigen Krieges bleibt das Herzogtum Preußen zunächst weitgehend verschont. Mitte des 17. Jahrhunderts wird es dann doch in die schwedisch-polnischen Auseinandersetzungen hineingezogen. Durch geschicktes Taktieren zwischen Schweden und Polen wusste der Große Kurfürst von Brandenburg aber den Konflikt für sich zu nutzen.

Dadurch erreichte er schließlich, dass er sowohl die Oberlehenshoheit des polnischen Königs bzw. die Oberlehenshoheit des Königs von Schweden abschütteln konnte.

So konnte sich der Nachfolger des Großen Kurfürsten, der Kurfürst Friedrich III. 1701 in Königsberg zum König Friedrich I. in Preußen krönen lassen, nachdem er beim Kaiser die Anerkennung einer preußischen Königskrone erreicht hatte. Damit war zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Jahre 1701 die Periode des Herzogtums Preußen beendet.

In der Zeit des Herzogtums hatte Kolonisation des preußischen Landes nicht aufgehört. Sie erstreckte sich vor allem auf die Aufnahme verfolgter evangelischer Glaubensbrüder, denn das Herzogtum war sich seiner von Martin Luther angeregten Umwandlung des katholischen Ordensstaates in ein evangelisches Fürstentum sehr bewusst.

So kamen, von Kaiser Karl V. ausgewiesen, nicht-katholische Holländer, protestantische Masowier und protestantische Litauer; gegründet wurden die Städte Tilsit (1552), Marggrabowa (später Treuburg, 1560), und Goldap.

IV. Das Königreich Preußen

Mit der Umwandlung des Herzogtums in ein Königreich Preußen kommt königlicher Glanz in das Land, vor allem in sein Zentrum Königsberg. Dem prunkvollen Krönungszeremoniell folgt eine Zeit prunkvoller Barockentfaltung auf dem Gebiet des Schlösser- und Kirchenbaues, der Bürgerhäuser und des schmückenden Kunstgewerbes. Auch eine neue Kolonisierungswelle durch Zuzug neuer Siedler setzt ein: Litauische Bauern, französische Schweizer, Nassauer Pflälzer, Süddeutsche, Magdeburger, Halberstädter usw. Es kommen insbesondere auch evangelische Glaubensbrüder, die anderswo ausgewiesen wurden. Sie finden im Königreich Preußen Zuflucht: Besonders bekannt ist die Aufnahme evangelischer Salzburger. Auch eine Reihe neuer Städte wird gegründet: So wird aus einem Kirchdorf 1724 Gumbinnen, in das 1732 die salzburgischen Glaubensbrüder einwandern.

Als Ergebnis der ersten polnischen Teilung wird das Ermland 1772 in das Königreich Preußen eingegliedert, ebenso wird das preußische Land mit den Städten Elbing, Marienburg, Marienwerder, Deutsch Eylau wieder eingegliedert. Es war - wie bereits erwähnt - während der Auseinandersetzungen des Ordens mit dem polnischen König an Polen gefallen.

Zugleich verschmilzt das Kurfürstentum Brandenburg und das Königreich Preußen zum Staat Preußen. Erstmals in einer Kabinettsorder vom 31. Januar 1773 wird nun das in dem Preußenstaat aufgegangene Königreich Preußen als Provinz Ostpreußen bezeichnet. Friedrich der Große nennt sich nun König von Preußen statt wie bisher König in Preußen.

V. Die Provinz Ostpreußen

Mit dem Wandel zu einer Provinz Ostpreußen verliert das Land an der Ostsee seine eigen-ständige politische Bedeutung. In den napoleonischen Kriegen Anfang des 19. Jahrhunderts spielen sich allerdings wichtige politische Vorgänge in Ostpreußen ab. Die königliche Familie flüchtet 1806 vor Napoleon aus Berlin über Königsberg und die kurische Nehrung nach Memel. 1807 wird auf einem Floß in der Memel bei Tilsit zwischen Napoleon, Zar Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. der Tilsiter Frieden geschlossen. Danach bleibt das preußische Königspaar noch zwei Jahre in Ostpreußen. Königsberg spielt eine wieder zentrale Rolle. Königsberg wird dabei zum Sammelpunkt jener Kräfte, die die Erhebung Preußens vorbereiten. Ganz bekannt ist aus diesen Tagen der Aufruf des preußischen Generals Yorck zur Erhebung gegen die Franzosen vor der ostpreußischen Ständeversammlung im Gebäude der ostpreußischen Landschaft in Königsberg im Jahr 1813. Theodor Gottlieb von Hippel geb. in Gerdauen/Ostpreußen, Absolvent der Königsberger Universität Albertina, verfaßt 1813 den Aufruf des Königs „An mein Volk“, mit dem die Erhebung eingeleitet wurde. In der Völkerschlacht bei Leipzig trug die ostpreußische Landwehr entscheidend zum Sieg über Napoleon bei. Danach ging die politische Bedeutung Ostpreußens sehr zurück. Die Politik wurde in Berlin gemacht.

Einen echten Aufstieg erlebte aber das Geistesleben in Ostpreußen. Als Beispiele seien hier genannt:

  •  E. T. A. Hoffmann, geb. 1776 in Königsberg
     
    Dichter, Maler und Komponist

  •  Johann Gottfried Herder, geb. 1744 in Mohrungen.
     Mentor Goethes und Begründer des Volkstumsgedankens

und - natürlich allbekannt - als strahlender Stern am Philosophenhimmel:

  •  Immanuel Kant, geb. 1724 in Königsberg und dort 1804 gestorben.

Aus der Naturwissenschaft seien als Beispiele die Astronomen genannt:

  •  Friedrich Wilhelm Bessel (geb. 1784) und

  •  Friedrich Wilhelm Argelander (geb. 1789)

Die Liste der bedeutenden ostpreußischen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Kunst lässt sich bis in unsere Zeit fortführen mit den Namen wie

  •  Kirchhoff und Wien,
     
    bedeutende Physiker und Wegbereiter der modernen Physik

  •  David Hilbert,
     
    Begründer der modernen Mathematik

  •  Albert Lippmann,
     dem Erforscher der Fermente,

mit den Dichtern und Schriftstellern

  •  Hermann Sudermann

  •  Ernst Wiechert

  •  Agnes Miegel

und den Malern und Künstlern

  •  Lovis Corinth

  •  Käthe Kollwitz

  •  Walter Kollo.

Wirtschaftlich gab es in der Provinz Ostpreußen zwar einige Industriestandorte wie z. B. Elbing. Doch trotz vorangetriebener Industrialisierung in den Städten blieb die Provinz Ostpreußen landwirtschaftlich geprägt. Als die Provinz nach dem ersten Weltkrieg durch den sogenannten Korridor vom übrigen deutschen Reich abgetrennt wird ist für das wirtschaftliche Durchhalten der intensiv betriebene Ackerbau und die Viehzucht entscheidend. Meine Eltern sprachen von Ostpreußen als der Kornkammer des Reiches.

Das Ende des ersten Weltkrieges brachte die Provinz Ostpreußen nicht nur in wirtschaftliche Bedrängnis. Der südliche Teil Ostpreußens sah sich unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg polnischen Annexionswünschen ausgesetzt. Polen vertrat die Auffassung, dass die Bevölkerung im südlichen Ostpreußen polnisch gesinnt sei. Gemeint war damit die masurische Bevölkerung, die sich am Ende der Ordenszeit im Süden Ostpreußens gebildet hatte. Schon im 14. Jahrhundert hatte der Orden Menschen aus dem polnischen Herzogtum zur Erschließung der Wildnis herbeigerufen. Nach der Niederlage des Deutschen Ordens gegen das polnisch-litauische Heer 1410 bei Tannenberg verstärkte sich diese Bewegung. Die schließlich entstandene masurische Bevölkerung bekannte sich zu Preußen, wurde mit der einsetzenden Reformation evangelisch und stimmte 1920 zu 97.8% für das Deutsche Reich. Wo die masurische Bevölkerung geschlossen steht, hatte sich somit vor aller Welt gezeigt.

1945 wurde die Provinz Ostpreußen in eine Katastrophe gestürzt; das war keine Veränderung im Wandel der Zeiten, das war ein Genozid.

Jeder fünfte Ostpreuße (also 20% der Bevölkerung) verlor durch Krieg und vor allem durch die Flucht und Vertreibung sein Leben, von rd. 2.4 Millionen Ostpreußen ca. 500.000 Menschen.

Ca. 1.3 Millionen Ostpreußen gelangten in den Westen

ca. 600.000 Ostpreußen fanden sich in der Ostzone und der späteren DDR.

Die vertriebenen Ostpreußen haben sich am 5. August 1950 zusammen mit den anderen deutschen Vertriebenen mit der Charta der deutschen Heimatvertriebenen ein gemeinsames Handlungskonzept gegeben.

Viel gelobt wird seither ihr Entschluss, auf Rache und Vergeltung zu verzichten und in harter unermüdlicher Arbeit am Wiederaufbau Deutschlands und Europas teilzunehmen. Doch ihre in der Charta enthaltene Forderung, dass das Heimatrecht als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und auch verwirklicht wird, ist für die deutschen Heimatvertriebenen und ihre Nachkommen bis heute weder wahrgenommen geschweige denn erfüllt worden. Weder in dem Zwei-plus-Vier-Vertrag noch in den Nachbarschaftsverträgen mit den Vertreiberstaaten wird dieser Forderung Rechnung getragen.

Seit 1945 ist Ostpreußen dreigeteilt:

  •  Die Gebietshoheit über das südliche Ostpreußen hat Polen,

  •  das Königsberger Gebiet wurde ein Teil der russischen Föderation,

  •  das Memelgebiet ist in die litauische Republik eingegliedert

In der Zeit der kommunistischen Herrschaft bis zur Wende 1989 war das Königsberger Gebiet verbotenes Land, die Ostpreußen wurden hier vollständig entfernt. Auch das Memelgebiet war in dieser Zeit schwer zugänglich; ein Großteil der dort zurückgebliebenen Ostpreußen verließ in den 50iger Jahren nach und nach das Land. In das südliche Ostpreußen konnte man ab den 70iger Jahren wieder einreisen und die ostpreußische Heimat besuchen. Aufgrund der schwierigen Verhältnisse im kommunistischen Polen (insbesondere für Deutsche) verließen nach und nach dort verbliebene Ostpreußen ihre Heimat und kamen als Aussiedler in den Westen.

Die Wende 1989 hat für die Ostpreußen in der Heimat und für uns hier im Westen neue Möglichkeiten gebracht. Die in Ostpreußen Verbliebenen dürfen sich offen in deutschen Freundeskreisen treffen und sich mit ihrer Vereinigung kulturellen und sozialen Aufgaben widmen.

VI. Schlußbemerkungen

Die Landsmannschaft Ostpreußen versteht sich als Schicksalsgemeinschaft der vertriebenen Ostpreußen sowie der Freunde und Förderer Ostpreußens. Die Landsmannschaft möchte als Mannschaft der Landschaft Ostpreußen die heutigen Möglichkeiten zum Wiederaufbau des ostpreußischen Landes nutzen.

Wir sehen uns in der heimatpolitischen und moralischen Pflicht, die geschichtlichen, geistigen und kulturellen Gemeinsamkeiten für die Deutschen in Ostpreußen zu bewahren und lebendig zu halten sowie die 700jährige Geschichts-, Sprach-, Kultur- und Gefühlsgemeinschaft zu stärken. Wir sehen unsere vornehmste Aufgabe darin, über die menschlichen Begegnungen hinaus, Maßnahmen zur Wahrung der kulturellen Identität und zur Stärkung des Gemeinschaftslebens und vor allem auch zur Sicherung der Existenz der deutschen Volksgruppen in Ostpreußen zu fördern und zu unterstützen.

Die Geschichte geht weiter, sie wird über ungerechte und rechtlich fragwürdige Verträge hinweggehen, d. h. dauerhafte Lösungen bringen nur die Verträge, die einen gerechten Ausgleich und eine Wiedergutmachung des Unrechtes zum Ziel haben. Eine gerechte Wiedergutmachung des Unrechts der Vertreibung ist jedoch noch immer nicht erfolgt.

Gerade die gegenwärtige Lage Ostpreußens und die offenen Fragen zur Wiedergutmachung des Unrechtes entlässt uns nicht aus unserer Geschichte und kulturellen Verantwortung für die Zukunft Ostpreußens.

Ostpreußen ist ein landschaftlich abwechslungsreiches Land. So schwärmt unser Ostpreußenlied nicht nur von dunklen Wäldern und kristall’nen Seen, blickt nicht nur auf Ackerbreiten, über die der Vogelzug streicht. Unser Ostpreußenlied fährt in seiner dritten und vierten Strophe weiter mit der Bewunderung der Schönheit der Küste und der Anmut der Niederungen. Ich möchte deshalb schließen mit den beiden letzten Strophen des Ostpreußenliedes:

Und die Meere rauschen den Choral der Zeit
Elche steh’n und lauschen in die Ewigkeit.
Tag hat angefangen über Haff und Moor,
Licht ist aufgegangen, steigt im Ost’ empor.

 

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