Für die Ostpreußen ist es schon seit zwei
Jahrzehnten das "Kleine Ostpreußentreffen",
die Schlesier waren am 2. Juli 2017 zum dritten Mal dabei, und nun fanden sich
auch die Pommern vor der "Gedenkstätte
des Deutschen Ostens" in Solingen auf Schloss Burg an der Wupper ein. Teile
von Schloss Burg waren wegen Sanierungsarbeiten eingerüstet, und Absperrungen
zwangen die Veranstalter zu einer anderen Einteilung des Schlossplatzes als
früher. Aber die Gedenkstätte im Batterieturm war zugänglich, und alle drei
Landsmannschaften fanden Platz für ihre Informationsstände. Der Bund Junges
Ostpreußen war mit einem Stand vertreten, Bernstein und Filmmaterial wurden
angeboten, und für das leibliche Wohl war reichlich gesorgt. Trotz des
unsicheren Wetters füllte sich der Platz.
Die Kundgebung begann um 14.00 Uhr mit einer
Andacht, die Pfarrer Dr. Volker Lubinetzki aus Wermelskirchen hielt. Es folgte
die Begrüßung durch die drei Landesvorsitzenden: Wilhelm Kreuer, der im März
gewählte neue Landesvorsitzende der Ostpreußen, Rudi Pawelka, der
Landesvorsitzende der Schlesier und BdV-Landesvorsitzende NRW und Detlef
Lindemann, der Vertreter der Pommerschen Landsmannschaft von NRW und der
Bundeslandsmannschaft der Pommern. Alle drei Vorsitzenden wiesen darauf hin,
dass eine Veranstaltung wie diese der Pflege des ostdeutschen Erbes dienen
solle, das ein "wertvolles geistiges Gepäck" darstelle. Die Vertriebenen wollten
damit ein Bekenntnis zu ihren Herkunfts- und Heimatregionen ablegen und deutlich
machen, dass diese und ihre Geschichte zur gesamtdeutschen Identität gehören.
Nach dem Glockenläuten der Königsberger und der
Breslauer Glocke und nach dem Trompetensolo "Ich bete an die Macht der Liebe"
von Frank Braun nahm der frühere Vorsitzende der Ostpreußen Jürgen Zauner die
Totenehrung vor, die mit dem Trompetensolo "Ich hatt' einen Kameraden" von Frank
Braun abgeschlossen wurde.
Es ist immer wieder ein Zeichen der Hoffnung,
wenn Vertreter der Jugend das Wort ergreifen. Tobias Link, der Vorsitzende des
Regionalverbandes West des BJO, konnte von attraktiven Veranstaltungen
berichten, durch die der Kontakt zu jungen Polen, Russen und Litauern in den
früheren Heimatgebieten hergestellt wird. In der Heimat der Vorfahren kann man
an der europäischen Zukunft arbeiten, so Link. Er bekannte sich zu Europa und zu
Ostpreußen, das ein wichtiger Pfeiler der europäischen Kultur bleiben solle.
Als Ehrengäste konnten die Landtagsabgeordneten
Helmut Seifen und Nic Vogel sowie der Bürgermeister von Remscheid Lothar Krebs,
der ein jährlicher, treuer Besucher auf Schloss Burg ist, begrüßt werden. Ein
Höhepunkt war die Ansprache "Heimat und Identität aus Sicht der
Heimatverbliebenen" von Renata Zajaczkowska. Diese ist Vorsitzende der deutschen
sozial-kulturellen Gesellschaft in Breslau (DSKG) und Vize-Vorsitzende des
Verbandes der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen (VdG). Ihre
Auszeichnung mit dem Verdienstkreuz der Republik Polen in Gold beweist die
Wertschätzung der Bemühungen um das Deutschtum von polnischer Seite. Die
Referentin stellte die Sprachpflege in den Mittelpunkt aller Aktivitäten. Damit
könne die Tradition bewahrt und die Zukunft für eine europäische Einheit
gestaltet werden.
Bei der Veranstaltung auf Schloss Burg wird die
ostdeutsche Kultur immer wieder sinnlich erfahrbar. Der leuchtende Bernstein,
die verlockenden Spezialitäten wie Bärenfang, pommersches Schmalzbrot und
Leberwurst, Königsberger Marzipan und schlesischer Mohnkuchen gehören dazu. In
diesem Jahr boten die Trachten der Tanzgruppe "Der Fröhliche Kreis" aus
Bergisch-Gladbach ein prächtiges Bild und zeigten augenfällig das reiche
Schlesien. Die Seiden- und Spitzenhauben und die handgewebten Kleiderstoffe mit
Samt und Brokat verziert stellten einen erheblichen Materialwert dar, und eine
Tänzerin verriet dem Publikum, dass in ihrer Tracht 1000 Handarbeitsstunden
stecken...
Der "Bunte Reigen", der traditionsgemäß nach der
Feierstunde beginnt, wurde auch in diesem Jahr von der Kulturreferentin der
Ostpreußen, Dr. Bärbel Beutner moderiert. Die Darbietungen der Tanzgruppe
wechselten mit kulturellen Beiträgen, so mit einer detaillierten Darlegung der
Geschichte Pommerns durch Brigitte Kiel und mit einem zu Herzen gehenden Gedicht
über die verlorene Heimat, vorgetragen von Bärbel Beutner.
Das Oberschlesische Blasorchester sorgte für
Stimmung und Besinnung. Es begleitete die Hymnen der drei Landsmannschaften, die
begeistert mitgesungen wurden. Es stimmte das Deutschlandlied an und beendete
die Veranstaltung mit dem "Bergischen Heimatlied", denn im Bergischen Land fand
das Treffen ja statt. Aber auch Märsche ertönten, Preußen wurde gefeiert,
Preußen, dieses faszinierende, ambivalente, problematische, aufgeklärte Gebilde
aus Untertanengeist, mündigem Bürgertum, in dem ein Kant die Welt veränderte und
das in das heutige Kaliningrad hineinwirkt.
Geschichte lässt sich nicht auslöschen. Der
Schlosshof von Schloss Burg ist Jahr für Jahr ein Forum für diese Erkenntnis.