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Ein weiteres Stück Heimat stirbt Die Gründung des „Verlags Heiligenwalde“ erfolgte aus einer Besorgnis heraus. Das Dorf Heiligenwalde bei Königsberg, heute Uschakowo, kämpft um seine Existenz. Der Zusammenbruch der Sowchose brachte den Verlust der meisten Arbeitsplätze mit sich. Bis dahin waren viele als Traktorist oder Melkerin angestellt; ab 1993 ging alles zurück. Nun wird in Heiligenwalde Erdöl gewonnen, und die Firma „Lukoil“ hat sich zu einem überregionalen Unternehmen entwickelt. Einige Dorfbewohner, die dort arbeiten, verdienen gut; man erkennt es an ihren komfortabel ausgestatteten Häusern und Gärten, aber es sind wenige. Wichtiger Arbeitgeber ist die Schule. Als nun mehrfach Befürchtungen laut wurden, daß die Schule mit immerhin knapp 60 Schülern und elf Lehrkräften geschlossen werden könnte, wuchsen die Sorgen bei den russischen Bewohnern und den deutschen Heiligenwaldern, die ihr Dorf regelmäßig besuchen und es natürlich erhalten wollen. Die Kirche des Dorfes ist äußerlich unversehrt und stellt ein wichtiges Kulturdenkmal dar. Deutsche und Russen bemühen sich um die Erhaltung und Restaurierung. Als diese Bemühungen stagnierten, entstand die Idee, wenigstens den Namen „Heiligenwalde“ festzuhalten. So wurde der gleichnamige Verlag mit Sitz in Unna/Westfalen gegründet. Die erste Veröffentlichung war eine deutsch-russische Produktion. Georg Artemjew, Schulleiter und Germanist, schrieb die Novelle „Susannenthal“, eine Liebesgeschichte, die auf einer alten deutschen Sage beruht und um 1600 spielt. Er studierte deutsche Quellen und schuf ein historisch authentisches Werk mit stimmigen Orts- und Personennamen. Die Novelle erschien 2000. Das Verlagsprofil soll in erster Linie ostdeutsche Themen abdecken, aber auch dem Publikum vor Ort etwas bieten. Inzwischen hat sich die Leserschaft „vor Ort“, also in Westfalen, selbst gemeldet. Die Autorengruppe „Literaturkreis Kamen“ hat eine Anthologie herausgebracht, ein von der Stadt Kamen gesponsertes Projekt gegen Intoleranz und Gewalt. „Denk die Mauern einfach weg“ enthält Prosatexte und Gedichte, und die Erfahrungen der türkischen Lyrikerin Melinda Homberg („Du bist doch nicht von hier“) dürften den Vertriebenen auch heute noch bekannt vorkommen. Im Jahr 2002 ist die dritte Veröffentlichung erschienen: Paul Spruth, „Die Rettung - Tagebuch einer Flucht“. Als Soldat wurde Paul Spruth in den letzten Tagen vor der Kapitulation von seiner Einheit getrennt, als er einen verletzten Kameraden ins Krankenhaus brachte; er schlug sich fortan allein von Sachsen nach Tauberbischofsheim zu seiner Familie durch. Die Rote Armee war schon da, die Amerikaner waren da, er lebte in den Wäldern, orientierte sich nach den Sternen, entging russischen Kugeln, geriet in kurze amerikanische Gefangenschaft - der Leser hat ständig Herzklopfen. Paul Spruth war Studienrat am Mädchengymnasium in Unna, Germanist, Theologe, Historiker und Dichter. Im November 2002 wäre er 100 Jahre alt geworden, ein Anlaß für die Veröffentlichung dieser packenden und bewegenden Aufzeichnungen. Im Jahre 2003, so die bisherige Planung, soll Ostpreußen aber wieder im Mittelpunkt stehen. Helga Lippelt („Popelken“) konnte gewonnen werden. Ein gewagtes, aber vielversprechendes Projekt steht bevor: der 3. Band der Popelken-Trilogie. Alle Bücher können bestellt werden
unter folgender Anschrift: Der Versand erfolgt im
Auftrag und auf Rechnung des Verlages.
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