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Die Landsmannschaft
Ostpreußen ist EUFV-
Gründungsmitglied |
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Umfangreiches Besichtigungsprogramm:
Neusser Gruppe im Hof der Marienburg |
Gruppenreise mit außergewöhnlichen Höhepunkten
Kreisgruppe Neuss erkundete Zeugnisse deutscher Geschichte und wurde mit
polnischer Gastfreundschaft empfangen
von Wolfgang Reith
Vom 5. bis zum 14. August fuhr
die Kreisgruppe Neuss unter ihrem Vorsitzenden Peter Pott zum inzwischen achten
Mal in die Heimat. 31 Personen kamen zusammen, von denen zehn aus den
ehemaligen deutschen Ostprovinzen stammten (sieben aus Ostpreußen, zwei aus
Schlesien, einer aus Pommern), während die übrigen sich aus Neussern oder
Landsleuten anderer deutscher Regionen zusammensetzten.
Mit einem Busunternehmen ging es
am ersten Tag bis in die pommersche Hauptstadt Stettin, die bei einem
ausführlichen Rundgang erkundet wurde. Hier stieg die polnische Reiseführerin
Beata zu, welche die Gruppe bis zum vorletzten Tag in Thorn begleitete, dabei
überall umfassend und mit viel Charme informierte und so den Teilnehmern unser
östliches Nachbarland mit all seinen Facetten in beeindruckender Weise
näherbrachte. Tatsächlich durchquert man auf einer Reise nach Ostpreußen ja auch
andere deutsche Kulturregionen, die eine Fülle von gut erhaltenen historischen
Relikten aufweisen.
Durch Hinterpommern verlief die
Fahrt weiter nach Danzig, wo gerade der dreiwöchige Dominikanermarkt stattfand,
der inzwischen auf eine mehr als 750-jährige Tradition zurückblickt und bei dem
stets mehr als eintausend Händler ihre Waren anbieten. Das Ereignis leitet sich
aus einem Ablassprivileg Papst Alexanders IV. her, das dieser am 5. August (Tag
des heiligen Dominikus) des Jahres 1260 dem Dominikanerorden gewährt hatte, und
so wurde in Erinnerung daran bis 1944 alljährlich zur selben Zeit (diesmal vom
31. Juli bis zum 22. August) ein solcher Markt abgehalten. 1972 nahmen die Polen
den Brauch wieder auf und führen ihn seither fort.
Neben der Besichtigung der Stadt
selbst standen Ausflüge ins benachbarte Seebad Zoppot und in die Hafenstadt
Gdingen sowie nach Oliva auf dem Programm, wo man in der Klosterkirche einer
Vorführung auf der berühmten Orgel lauschte. Von Kahlberg auf der Frischen
Nehrung aus erfolgte dann mit einem kleinen Schiff die Fahrt über das Haff nach
Frauenburg. Hier wurde die gewaltige Domburg besichtigt, wo einst Nikolaus
Copernicus wirkte und in deren Kathedrale auch seine sterblichen Überreste
ruhen. Außerdem legte die Gruppe einige besinnliche Minuten am Gedenkstein für
die Opfer von Flucht und Vertreibung ein, denn von dort aus hatten im Januar und
Februar 1945 rund eine halbe Million Menschen versucht, über das gefrorene Haff
der nachsetzenden Roten Armee zu entkommen, wobei viele ertranken oder in Eis
und Schnee umkamen.
Weiter ging es zur Marienburg, dem größten Backsteinbau Europas und im
Mittelalter Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens. Die zweistündige Führung
hinterließ zumindest die wichtigsten Eindrücke, denn um die gesamte Burganlage
zu erkunden, würde man viele Stunden oder sogar Tage benötigen. Nach soviel
Geschichte gab es schließlich Erholung und Entspannung in Gestalt einer
Bootsfahrt auf einem der unzähligen Seen des Oberlands, dann erfolgte über
Allenstein und Sensburg die Weiterreise ins Zentrum der Masurischen Seen nach
Lötzen, wo die Gruppe vier Nächte verweilte.
An den kommenden Tagen ging es
zu einer Stakerfahrt auf der Krutinna, anschließend mit dem Schiff über den
Spirding-See nach Nikolaiken, dem „Venedig Masurens“. Mittags stand ein
zünftiges Fischessen auf dem Programm, abends wurden die Reiseteilnehmer zu
einem ritterlichen Festmahl (mit anschließenden Ritterspielen) erwartet. Es
folgten die Besichtigung des ehemaligen Führerhauptquartiers „Wolfschanze“ bei
Rastenburg, wo am 20. Juli 1944 Oberst Graf Stauffenberg das Attentat auf Adolf
Hitler verübte, sowie ein Besuch der Wallfahrtskirche Heiligelinde mit einem
Konzert auf der mit beweglichen Figuren versehenen Orgel. Über Schloss Steinort,
dessen langwierige Restaurierung nun endlich in Angriff genommen wird – es
gehörte bis 1944 der gräflichen Familie von Lehndorff und diente während des
Zweiten Weltkrieges Reichsaußenminister von Ribbentrop auch als Feldquartier, –
führte der Weg zurück nach Lötzen, wo am nächsten Tag der Besuch eines
deutschsprachigen evangelischen Gottesdienstes eine Einladung beim „Deutschen
Sozial-Kulturellen Verein“ anstand, in dessen Räumlichkeiten man bei Kaffee und
Kuchen die Gelegenheit hatte, sich mit den Angehörigen der deutschen Minderheit
vor Ort auszutauschen, die seit ihrer Gründung 1991 enge Kontakte zur
Kreisgemeinschaft Lötzen (in der Landsmannschaft Ostpreußen) pflegt. Obwohl sich
deren Vorsitzender zufällig auch gerade in Lötzen aufhielt, war er der Einladung
leider aus unbekannten Gründen nicht gefolgt, was die Diskussion sicherlich
bereichert hätte.
Abends war Lötzen, das zu Recht
als „Sommerhauptstadt Masurens“ bezeichnet wird, Schauplatz eines
außergewöhnlichen Ereignisses, welches einen der Höhepunkte der Reise bildete:
Auf der denkmalgeschützten Drehbrücke über den Kanal, der den Löwentin- mit dem
Mauersee verbindet, und vor der Kulisse der illuminierten, seit zwei Jahren
restaurierten Ordensburg nahm Bürgermeisterin Jolanta Piotrowska die Ehrenfahne
des Europarates entgegen (die PAZ berichtete in Folge 34). Umrahmt wurden die
Feierlichkeiten durch ein Händel-Konzert, den Abschluss bildete ein Feuerwerk,
dem noch während der musikalischen Darbietung ein hell leuchtender Komet mit
langem Schweif vorausging, der in Sekundenschnelle am Firmament verglühte.
Über Thorn und Gnesen führte der
Rückweg zuerst nach Posen, wo die Stadtführerin Barbara die Reiseteilnehmer im
Rahmen eines Rundgangs und einer Rundfahrt mit den wichtigsten
Sehenswürdigkeiten vertraut machte, darunter die älteste Kirche Polens (der
heutige Dom) und das sogenannte Kaiserschloss, das in den Jahren 1905–1910 im
neoromanischen Stil für Kaiser Wilhelm II. in seiner Eigenschaft als Großherzog
von Posen errichtet wurde und das zugleich die letzte in Europa erbaute Residenz
eines Monarchen darstellt. Über Frankfurt an der Oder und Berlin ging es am
übernächsten Tag auf der seit 2012 fertiggestellten Autobahn schließlich wieder
nach Neuss. Bleibt noch zu erwähnen die stets erfahrene polnische
Gastfreundschaft, die – wie zu hören war – bei einigen der Reiseteilnehmer den
Wunsch nach einem baldigen Wiedersehen mit dem Land und seinen Menschen sowie
seiner vielfältigen Geschichte weckte.
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