Sorgte für musikalische Begleitung: Das Oberschlesische Blasorchester Ratingen |
Schlesische Blasmusik, ostpreußischer Bernstein
Zum ersten Mal trafen sich die beiden Landsmannschaften gemeinsam auf Schloss Burg bei Solingen
von Dieter Göllner
Das nunmehr 19. „kleine“ Ostpreußentreffen fand Anfang Juli an der Gedenkstätte des Deutschen Ostens auf Schloss Burg bei Solingen statt. Die Landsmannschaft Ostpreußen, Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, lud auch im 65. Jahr ihres Bestehens zu der traditionellen Kulturveranstaltung ein. Neu war, dass diesmal auch die Landsmannschaft Schlesien in Nordrhein-Westfalen mitfeierte. Erstmals bot in diesem Rahmen auch das Oberschlesische Blasorchester Ratingen ein abwechslungsreiches Platzkonzert.
Zu den Gästen zählten zahlreiche Mitglieder und Freunde der Landsmannschaften, unter anderem die Kreisvertreter Manfred Ruhnau (Braunsberg) und Elke Ruhnke (Heiligenbeil). Viel zu sehen gab es für sie und alle anderen Teilnehmer. An den Ständen waren Bücher, Schriften, Zeitschriften, historische Land- und Postkarten aus ost- und westpreußischen sowie schlesischen Regionen zu entdecken.
Die gebürtige Königsbergerin Monika Dahlhoff stellte ihr Buch „Eine Handvoll Leben“ vor. Interesse weckten auch die Filme von Ostpreußen-TV, die zu unterschiedlichen historischen Themenschwerpunkten als DVD-Video verfügbar waren. Gute Gespräche und spannende Reiseberichte gab es am Stand des Bundes Junges Ostpreußen (BJO). Neben vielen Jugendlichen war auch diesmal wieder eine Kindergruppe aus Solingen dabei, die ihre selbstgebastelten preußischen Hauswichtel und andere Handarbeit-Artikel zum Verkauf anboten. Es ist ein gutes Zeichen für die Perspektive der Landsmannschaften, wenn die junge Generation Interesse an Tradition und Brauchtum zeigt, und in die Fußstapfen der Eltern und Großeltern tritt.
Und was wäre ein Ostpreußentreffen ohne Bernstein? An einem der Stände war das „Gold des Meeres“ in vielen Schmuck-Variationen zu sehen. Für das leibliche Wohl sorgten Vertreterinnen der umliegenden landsmannschaftlichen Gruppen aus Wuppertal und Solingen mit typisch ostpreußischen Kuchen. Sie traten übrigens diesmal zum „Wettbewerb“ mit dem schlesischen Streuselkuchen an. Die Traditionsbäckerei Artur Müller aus Schwelm lockte mit schlesischen Back- und Kuchenspezialitäten nach überlieferten Rezepturen.
Den „Bunten Reigen“ betreute die Kulturverantwortliche der ostpreußischen Landesgruppe NRW, Bärbel Beutner. Die Tanzgruppe Weniger Hohenlimburg führte mehrere Tänze auf, während der Ostpreußenchor Remscheid und das Oberschlesische Blasorchester Ratingen für die musikalische Begleitung sorgten. Bärbel Beutner rezitierte aus Agnes Miegels Dichtung „Sommer in Ostpreußen“ sowie aus Joseph von Eichendorffs Werk „Sommer in Schlesien“.
Den offiziellen Teil der Veranstaltung eröffneten der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Landsmannschaft Ostpreußen, Jürgen Zauner, und Rudolf Pawelka von der Landsmannschaft Schlesien in NRW. Die Ansprachen waren vom Glockenläuten der Königsberger und Breslauer Glocken sowie vom Trompetensolo: „Ich hatt‘ einen Kameraden“ umrahmt. Ein beeindruckender Programmpunkt war auch diesmal das Gedenken an die Opfer der Vertreibung mit einer Kranzniederlegung.
Jürgen Zauner nahm in seiner Ansprache Bezug auf die aktuelle Flüchtlingssituation: „Nach 70 Jahren müssen wir noch immer feststellen, dass die sogenannte Nachkriegsordnung in Europa weiterhin auf Vertreibung und Raubmord fußt.“ Der Redner wandte sich an die Politik und fragte im Namen seiner Landsleute: „Herr Bundespräsident, Frau Bundeskanzlerin, wie sieht nach Jahrzehnten die ‚Willkommenskultur‘ für die Opfergeneration von 1945 und später, in Deutschland aus?“
Stephan Rauhut, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien – Nieder- und Oberschlesien e.V., begrüßte es ausdrücklich, dass sich die beiden Landsmannschaften für diese Veranstaltung auf Schloss Burg zusammenschlossen hatten. „Gemeinsam für Ostdeutschland“ eintretend, könnten die Landsmannschaften auch in 10, 20 und 30 Jahren noch ein wichtiger Faktor in Deutschland und Europa sein.
Als Hauptredner konnte der Bonner Historiker Dr. Tobias Körfer, Vorsitzender der AGMO e.V. (Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen), gewonnen werden. In seinem Beitrag ließ Körfer die wichtigsten historischen Erinnerungs- und Gedenktage dieses Jahres Revue passieren.
„Kehren wir also nach diesem schönen,
gemeinschaftlichen Sonntag nach Hause zurück und erzählen wir den Menschen in
unserer Umgebung von Schlesien, den masurischen Seen, den Wäldern Ostpreußens,
den Bernsteinstränden, dem Riesengebirge und von den Angehörigen der deutschen
Volksgruppe, die dort leben und um ihre kulturelle Identität unter nicht
einfachen Bedingungen täglich ringen. Zeigen wir Politik und Gesellschaft, dass
wir noch da sind. Dass wir Ziele haben. Mischen wir uns auch in Zukunft aktiv
ein!“ – so lautete der Schlussapell von Körfer.
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